Schmetterling im Spätherbst

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Brav schälen sich alle pünktlichst aus dem Bett. Bei Kaffee und Tee gibt es dann die obligate Sicherheitseinweisung. Dabei versuche ich, mögliche Horrorszenarien nicht allzu deutlich zu malen und nicht gleich am Anfang des Törns Unruhe zu stiften. Die für heute angesagte leichte Brise sorgt zusätzlich dafür, dass niemand sorgenvoll auf die kommenden Stunden blicken muss. 

Mit reichlich vorhandenen Händen gelingt der Ableger perfekt. Die Fender zu verstauen, ist mal keine Frage meiner Faulheit, denn ich darf ja heute meiner Crew entsprechende Anweisungen geben. Unter Motor geht es zuerst etwas nordwärts entlang des Seekanals.

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Dann endlich ziehen wir alles Tuch raus und setzen unseren Kurs gen Darßer Ort. Die Fahrt dorthin wird anfangs ein Motorsegeln, denn der Wind reicht nicht aus, um uns vor Sonnenuntergang an unser Ziel zu bringen. Herr R. hat dann etwas Einsehen und schenkt uns zusätzlich eine kleine Schippe Wind, der nunmehr direkt achterlich weht. Das weit gestellte Groß sichere ich mit einem Bullenstander, dessen Name mal wieder für Gelächter sorgt. Das Vorsegel gerät dabei in Abdeckung und wir versuchen es mit dem Schmetterling. Doch für diesen leichten südwestlichen Wind ist die alte Welle aus nordwestlicher Richtung zu stark und läßt das Tuch immer wieder unschön schlagen.

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Flappendes Segel

Ich überlege, das Vorsegel auszubaumen. Doch lohnt sich dass Gerödel mit dem Spibaum für die restlichen zwei Stunden bis Darßer Ort? Andreas versucht mich zu motivieren. Okay. Bisher habe ich das Ausbaumen alleine nur trocken, d.h. in der Marina, geübt bzw. habe vor zwei Jahren Gerard dabei zuschauen können. Gut. Wir versuchen das mal. Die Leinenführung ist mir klar. Zu zweit geht das Einhängen des Spibaumes problemlos und ich bin am Ende froh, den Aufwand betrieben zu haben. Zwar bricht Lütt Matten auch jetzt keine Geschwindigkeitsrekorde, aber das Vorsegel steht super. Kein Flappen nervt. Allein den Spibaum hätte ich gemäß Lehrbuch, das ich bisher nie gefunden habe, etwas mehr waagerechter setzen sollen. Trotzdem sieht die Segelstellung schon recht perfekt aus. 

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Wir genießen die geräuschlose Zeit des Segelns. Die wärmende Herbstsonne leistet ebenfalls stimmungsaufhellende Wirkung. Segelstellung und alte Welle lassen Lütt Matten etwas rollen und einige Reisetabletten machen die Runde. Niemand muss sich über die Reling hängen. Allerdings macht sich unter der Mannschaft eine gewisse Schläfrigkeit breit. Inwieweit dies auf die ermüdende Nebenwirkung des Dopings oder auf die anstrengende Anreise nebst zeitigem Aufstehen zurückzuführen ist, bleibt offen. 

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Nach der Kardinaltonne Darßer Ort West lösen wir den Schmetterling wieder auf und setzen mit 92 Grad einen neuen Kurs. Mit halbem Wind geht es in Richtung Hiddensee. Die Welle wird schnell kleiner, leider auch der Wind. Unsere voraussichtliche Ankunftszeit verschiebt sich in Richtung 21 Uhr. Um halb Fünf geht aber die Sonne unter. Also muss es wieder der Flautenschieber richten. Bevor uns der für heute der einzige Segler entgegenkommt, setzte ich noch schnell den schwarzen Kegel, um zu signalisieren, dass wir nunmehr unter Motor ausweichpflichtig sind.

Mit beginnendem Sonnenuntergang erreichen wir die Westküste von Hiddensee und ziehen sämtliches stützendes Tuch runter. Schnell wird es jetzt kühl.

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Andreas sitzt mit dem Tablett neben mir und kontrolliert hilfreich meinen Kurs zwischen Tonnen. Mit dem noch vorhandenen Restlicht und der teilweisen Tonnenbefeuerung ist der Weg gen Barhöft dann doch recht einfach.

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Vor Barhöft ist es schließlich recht dunkel. Da ist das dortige Richtfeuer wirklich eine Hilfe, den sauberen Strich in die Marina zu finden.

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Für den Anleger habe ich sechs Festmacher vorbereitet. Jeweils drei an Back- bzw. Steuerbord. Die Crew ist instruiert und auch die Fender hängen diesmal wirklich über der Reling. Im vergangenen Jahr haben wir ja trotz Vorbereitung der Fender ungepolstert angelegt. Dank sanftem Wind und äußerst langsamer Fahrt blieb mein Fehler damals glücklicherweise ohne Folgen. Aber ich bin ja erinnerungs- und lernfähig. Uli weist mittels meiner neusten Investition, einem kräftigen Suchscheinwerfer, mir gut den Weg zum Steg und kann den Abstand melden. Mit einem kräftigen Rückwärtsschub (für die Eingeweihten: Nutzung des sogenannten Radeffektes) ziehe ich Lütt Matten die fehlenden Zentimeter zum Steg. Hannes erreicht ohne Heldentum das rettende Ufer. Leinen fest. Alles gut. Naja, fast alles. Denn am kommenden Tag erhalte ich von einem Segler aus Breege eine milde Rüge, den gesamten Steg beansprucht zu haben. Und er hätte extra reserviert. Entschuldigung. Ich dachte, wir sind zu dieser späten Stunde und zu dieser Jahreszeit die einzigen auf der Ostsee. Das nächste Mal denke ich nicht mehr so kurz bzw. breit. 

Wie immer ist der Hafenmeister in Barhöft sehr freundlich und zuvorkommend. Einzig mein Versprechen, Barhöft hätte gängige Duschen, kann ich nicht einlösen. Leider meldet inzwischen auch Lütt Matten akuten Wassermangel, der sich Dank eingewinterter Schlauchverbindungen am Barhöfter Steg nicht beheben läßt. Wir drei Männer können mit dieser Mangelwirtschaft noch gut leben. Aber auch unter den Frauen bleibt eine Meuterei aus. Danke. 

Im naheliegenden Seehotel dürfen wir aus einer stark reduzierten Speisekarte wählen, denn wie schon im letzten Jahr erwischen wir den letzten Öffnungstag der Saison. Aber auch dieses “Resteessen“ war lecker. Wir wünschen dem Personal gute Erholung. Also nicht von uns, sondern grundsätzlich.

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