Mitte April. Ich bekomme einen Anruf aus Kiel mit der Nachricht, die Marinas in Schleswig-Holstein seien wieder offen und ich müßte jetzt mit Lütt Matten fix den Liegeplatz räumen. Den durfte ich nutzen, weil dessen Inhaber im Winter eine warme Halle für sein Boot bevorzugte und die Marina wegen Zeh bisher geschlossen war.
Housten, wir haben ein Problem, denn für Matten und mich gilt in Warnemünde, unserem Heimathafen, noch ein striktes Einreiseverbot. Also, Kiel schmeißt uns raus, Meckpomm läßt uns nicht rein. Verrückte Welt. Jahrzehntelang durften wir nicht in den Westen. Und nun bleibt uns der Osten versperrt.
Die Rostocker Wasserschutzpolizei, die ich über mehrere Instanzen und Telefonschleifen um Hilfe und Einreise ersuche, ist am Hörer zwar sehr freundlich und mitfühlend, aber leider völlig informations- und ratlos. Matten und ich sind jetzt sozusagen staatenlos. Na gut. Ganz so schlimm ist es nicht. Aber zumindest sind wir heimatlos. Es lebe der Föderalismus. Am Ende bleibt mir, nachdem ich wenigstens für zehn Tage noch ein bezahlbares Asyl in Kiel ergattern konnte, nur der Weg in die Illegalität. Den segle ich gemeinsam mit meinem Freund und jetzt auch Komplizen Andreas. An drei Tagen kreuzen wir uns gen Osten und haben viel Spaß dabei. Nach dem Queren der Lübecker Bucht wird es plötzlich sehr einsam. Klar, wer ist schon so frech und ignoriert am hellerlichten Tage die Landesgrenze? Ein mutiger Schweinswal. Der solidarisiert sich mit uns eine Weile. Toll.
Aus Protest gegen den föderalen Separatismus lasse ich unser Schiffsidentifikationssystem (AIS) mitlaufen, d.h. jede maritime Behörde kann uns beobachten. Wenn jetzt die Küstenwache kommt, brülle ich „Asyl!“. Aber leider interessiert sich niemand für uns und wir laufen Stunden später problemlos in den verwaisten Hafen in Warnemünde ein.