Segler zählten zu den ersten “Ökos“, die sich windgetrieben und COzwei-neutral von A nach B bewegten, denen der Sternenhimmel zuverlässig und stromlos den Weg wies. Diese Zeiten sind längst vorbei. Licht- und überhaupt schmutzverseucht fehlt dem heutigen Steuermann in der Regel der himmlische und wissende Durchblick, um das stellare Dauerfeuer navigatorisch sinnvoll nutzen zu können. Auch Segler hängen mittlerweile am Tropf eines möglichst reichhaltigen Energieangebotes an Bord. Die Navigation erfolgt satellitengestützt. Das Rudergehen absolviert der Autopilot. Ausguck halten übernehmen AIS- und Radar-Warner.
Fünfter Festmacher
In einem Seglerblog fand ich kürzlich für das Landstromkabel, der energiespendenden 230-Volt-Verbindung zwischen Boot und Steg der Marina den zutreffenden Zweitnamen “fünfter Festmacher“. Joo, und diesen muss ich wohl oder übel neben den üblichen vier Festmacherleinen im Frühjahr loswerfen. So grübel ich schon eine geraume Zeit, wie ich den durch Autopilot und sonstigen elektronischen Schnickschnack bedingten permanenten Energiebedarf auf Lütt Matten decken kann. Bei den überschaubaren Tagestörns auf der Ostsee war das bisher kein Problem. Zur Not lud die Lichtmaschine des Motors innerhalb von 2 Stunden alle Batterien wieder auf und gut war es. Immer blieb das rettende Ufer fast in Sichtweite. Das wird sich in 2019 für Matten und mich ändern. Houston. Wir haben ein Energieproblem. Nachfolgend beschreibe ich mal die Möglichkeiten zur möglichen Lösung selbigen an Bord von Lütt Matten.
1. Flautenschieber
Der Flautenschieber als Stromlieferant. 2 bis 3 Stunden täglich müßte der Motor schon laufen, um den Energiebedarf zu decken und bedeutet ca. 6 Liter Diesel pro Tag. Dies wäre auf Dauer einfach nervend laut und bei ordentlichem Wellengang auf Matten nicht machbar. Der Dieselvorrat ist natürlich auch endlich. Und so ein Motor verweigert gerne einmal seinen Dienst. Also, keine Dauerlösung
2. Notstromaggregat
Der begrenzter Kraftstoffvorrat an Bord und ein enormer Lärmpegel sind nur zwei Punkte, die diese Art der Energieerzeugung wirklich nur als Backup zum Flautenschieber erscheinen lassen. Ein Aggregat habe ich kürzlich gekauft, aber im wahrsten Sinne nur für Notstrom. Preis: unter 200 € Der
3. Solarzellen
Joo. Sicher das Mittel der Wahl. Die Effizienz dieser Sonnencatcher ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Aber: Die Panels benötigen Platz, schattenfreien Platz. Wenn nur ein kleiner Teilbereich der Zellen abgeschattet ist, reduziert sich die Energieausbeute auf 5 bis 10% der möglichen Gesamtkapazität.
Auf Mattens Deck stünden zur Installation nur drei kleine Flächen mit insgesamt einem Quadratmeter zu Verfügung. Deren Leistung wären dann auch noch durch Großbaum und Segel permanent eingeschränkt. Wohin also mit den Modulen? Na klar. Ein Geräteträger muss her. Kostenpunkt? Lieber nicht fragen bzw. das Angebot ist noch nicht da. Nachfolgende Bilder sind nur Bildmontagen. So könnte es aussehen. Bitte jetzt keine höhnischen Kommentare. Ich weiss, das Ding sieht wie ein Heckspoiler aus den 80er Jahren aus, böte aber auch Platz für Wifi-Antenne und anderes Gerödel.
4. Windgenerator
Tolle Sache, solange der Wind bläst. Unter 10 Knoten geht da nichts und erst ab ca. 20 Knoten arbeiten die Windgeneratoren wirklich effektiv. Der Anbau wäre an Mattens Heck relativ leicht machbar. Nervig ist das ständige Pfeifen der Rotorblätter, auch wenn einige neuere Modelle mittlerweile angeblich recht geräuscharm arbeiten. Es soll schon Stegnachbarn gegeben haben, die mittels Bootshaken dem lauten Treiben der Windturbinen ein Ende gesetzt haben. Depressive Geräuschkulisse, verärgerte Stegnachbarn und die Abhängigkeit vom Wind sprechen also gegen diese Lösung als Allheilmittel gegen Energieinsuffizienz. Nicht zu verachtendes Plus der Windmühle: Matten würde dann wirklich wie ein Weltenbummler aussehen. Preis: Windgenerator+Mast ca. 2.500 €
5. Hydrogenerator
Schlepp- bzw. Hydrogeneratoren sind mitgezogene bzw. fest installierte Wasserturbinen, die naturgemäß erst Strom liefern, wenn sich Matten in Fahrt befindet. Immerhin werden bei 5 Knoten Fahrt durchs Wasser schon 8 Ampere versprochen. Geräuscharm und wesentlich effektiver als Windgeneratoren sollen die Hydrogeneratoren sein, insbesondere bei Vor-Wind-Kursen. Vor Anker oder am Steg ist naturgemäß null Energieertrag zu erwarten. Nicht alle recherchierten Erfahrunsberichte (z.B. hier)stimmen in den Jubelchor der Hersteller ein. Da wird von Konstruktions- und Installationsfehlern, blockierendem Seegras und schlechter Bedienbarkeit unter Fahrt berichtet. Leider fand ich betreffs eines anderen deutschen Herstellers bisher keinerlei Aussagen von Nutzern. Die Preise bewegen sich zwischenn 2 und 5 Tausend Euro. Bingo.
Fazit
Für die autarke Stromgewinnung auf Lütt Matten werde ich wohl mehrere der vorgenannten Möglichkeiten nutzen. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Den Energieverbrauch muss ich auch in den Griff bekommen. Stichwort Autopilot. Matten braucht dringend eine „Energiewende“.