Cuxhaven kommt in Sicht. Der zunehmende Schiffsverkehr erfordert jetzt zusätzliche Aufmerksamkeit. Wir passieren die Kugelbake als seewärtige Begrenzung der Elbe und Wahrzeichen von Cuxhaven.
Mit einlaufendem Tiedenstrom ballern wir nun Richtung Brunsbüttel. Diese Strömung möchte ich nicht gegenan haben.
Unser Timing ist super. In Brunsbüttel angekommen, biegen wir ohne Wartezeit in die Schleuse zum Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ein. Die Anmeldeprozedur beim Schleusenmeister per Funk ist dann für mich schon einfacher. Durch meine viele Vorableserei wußte ich, dass uns in der Schleuse tiefliegende Gitter erwarten. So binden wir die Fender beidseitig auf Wasserspiegelhöhe fest. Matai übernimmt das Schleusenmanöver. Das kräftige Schraubenwasser eines vor uns einfahrenden Dickschiffes erfordert beherztes Einfahren und ich bin froh, nicht am Ruder stehen zu müssen. Ein getresster Einhandsegler ist mit unserem schnellen Manöver nicht einverstanden und blubbert kräftig. Ich entschuldige mich an dieser Stelle und ziehe respektvoll den Hut. Der Einhandsegler ist mit einer 40-Fuß-Yacht unterwegs und hat das Schleusen super gemeistert.
Der NOK erlaubt Sportschiffen nur bei Tageslicht und unter Maschine die Durchfahrt. Wir beschliessen, die langen Tagzeiten des Junis zu nutzen und noch bis Rendsburg zu motoren. Matai und Gerard wollen scheinbar schnell nach Rostock und dann weiter zur Familie. Das ist schon in Ordnung. Übrigens hatten wir gestern ein geschätzes Etmal von mehr als 180sm (ca. 360km).
Das Motoren im Kanal meistere ich dann sehr entspannt. Matai und Gerard verziehen sich in ihre Koje, holen fehlenden Schlaf auf. Zu dieser späten Zeit sind nur wenige Berufsschiffe unterwegs. Mit 7 Knoten tucker ich durch die schöne Landschaft. Radfahrer begleiten mich zeitweise auf einem parallel verlaufenden Weg. Angler winken mir zu. Die vielen Fähren sehen mich durch das AIS frühzeitig und richten ihre Überfahrt entsprechend ein.
Mit dem letzten Büchsenlicht erreichen wir Rendsburg und biegen backbord in einen kleinen Seitenkanal ab. An einem Steg finden wir einen ruhigen Liegeplatz und ich bin froh über ein geglücktes Anlegemanöver. Die Suche nach dringend erforderlichen Duschen bleibt vorerst erfolglos. Die Marina entpuppt sich als Bauernfang, dem wir prompt erlegen sind. Mitten beim ersehnten Anlegerbier brummt es plötzlich vom Steg:“15 Euro!“. Okay, das Hafenbüro befindet sich über einer Werfthalle und wurde von uns in der Dunkelheit einfach nicht gesichtet. Aber der Brubbelkopp von Hafenmeister unterstellt uns Böswilligkeit und Prellerei. Ich versuchte dem Hafen- und Werftmeister mit Freundlichkeit zu begegnen. Und tatsächlich öffnet sich der 15-Euro-Mann, soweit dies für uns Nordlichter überhaupt möglich ist. Wir kommen also ins Gespräch und er berichtet stolz von einem Artikel über seine „Marina“ in der „Seglerbibel“. Ich zeige deutlich Fragezeichen. „Du willst Segler sein und kennst Sejlerens nicht?“ Kleinlaut verneine ich. Der 15-Euro-Mann geht in sein Büro und schenkt mir die besagte Bibel. Mit diesem Präsent gehe ich wieder zu Lütt Matten. Als wir drei unwissenden Segler in „Seglerens“ blättern, verlieren wir dann doch die Fassung. Die Bibel entpuppt sich als ein Marina Guide, wahrscheinlich finanziert über die kostenpflichten Eintragungen der einzelnen Marinas. Wir drei bekommen einen Lachanfall und ich meine Anfänger-Seglerehre zurück. So entsteht ein running gag: The-fifteen-Euro-men. Allerdings wird aus dem 15-Euro-Mann schnell der 17-Euro-Mann, denn die von Matai und Gerard in die einzig vorhanden Dusche eingeworfenen zwei Ein-Euro-Münzen entpuppen sich als herber Verlust. Das Wasser bleibt kalt.
Wer den 15-Euro-Mann kennenlernen will: NOK aus westlicher Richtung, hinter Rendsburg backbord einbiegen. Die Werft/Marina hat ein „Ansteuerungslicht“ installiert.