Klintholm heißt unser Ziel

Segelurlaub und erholsames Ausschlafen passen zusammen wie gutes WLAN und Marina. Also stehen wir zeitig auf. Eine Meuterei bleibt aus. Klintholm ist unser heutiges Ziel. Kurzes Frühstück, Leinen los und die Warnow wieder flussabwärts tuckern. Gegen halb 9 erreichen wir die Warnemünder Ostmole. Der Wind meint es noch gut mit uns und wir können alles Tuch setzen. Uli hält beim Setzen des Großsegels Mattens Nase routiniert in den Wind. Renate und Dieter bedienen die Schoten des Vorsegels und haben dabei schnell den Dreh, sprich: das richtige Bedienen der Winschen, raus. Mit 4 bis 5 Knoten segeln wir in Richtung Darßer Ort, meiner Hausstrecke. Nach einer Stunde geht uns langsam der Vortrieb verloren. Bei dem nunmehr achterlichen Leichtwind fehlt mir jetzt einfach das entsprechende Tuch. Nach einer weiteren halben Stunde gebe ich auf. So gibt schließlich der Flautenschieber seinem Namen einen Sinn und übernimmt die Arbeit des Herrn R. . Schade. Ich spüre die Enttäuschung meiner Mannschaft. Alleine wäre ich jetzt vielleicht umgedreht, doch Klintholm steht nun schon seit Wochen auf meiner Wunschliste. Also motoren wir mit 5 bis 6 Knoten weiter gen Nordosten.

Meine Mannschaft nutzt die Zeit zum Klönen, Lesen und Dösen. Natürlich werden auch Knoten geübt. Makramee mit großem Spaßfaktor. Renate erweist sich als ultrabegabte Schülerin und gibt mir am Ende noch einen hilfreichen Tipp für das Belegen einer Klampe. Wow.

Die zwei Frauen finden ihren Lieblingsplatz auf dem Vorschiff und haben einander sichtlich viel zu erzählen. Beide verbindet eine lange Freundschaft, die auch in den Jahren einer trennenden Mauer nie versiegte. So unterschiedlich sich unsere Lebensläufe auch gestalteten, waren die beiden immer einander nahe. Ein Geschenk, an dem Dieter und ich teilhaben dürfen. Wir Männer verstehen uns auf Anhieb prächtig, kannten wir beide uns doch bisher nur durch wenige Begegnungen. So ein Boot ist der ideale Ort, einander intensiver kennenzulernen. Schließlich sitzen wir sprichwörtlich in einem.

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Etwas angespannt steure ich Matten über die vielbefahrene „Ostsee-Autobahn“. Das Verkehrstrennungsgebiet will ich lieber achtern passieren, um es nicht im 90-Grad-Winkel queren zu müssen. Manche Segler schalten an dieser Stelle extra ihr AIS aus, um nicht beim Abweichen von dieser rechtwinkligen Fahrensregel beobachtet zu werden. Es ist etwas knifflig, eine passende Lücke zwischen den sich rasch nähernden Dickschiffen zu finden. Eben noch am Horizont nur schemenhaft zu sehen, sind diese Riesen schnell vor Mattens Bug. Die Kadetrinne ist eine der meist befahrenen Seewege Europas. Wieder einmal bin ich froh, dass ich mittels AIS die Abstände gut einschätzen kann und wir von der Berufsschiffahrt gut gesehen werden.

Mittlerweile haben wir dänische Hoheitsgewässer erreicht und es ist Zeit, die rot-weiße Gastlandflagge zu zeigen. Das Hochziehen unter der Saling übernehmen Renate und Dieter. Ich genieße den seltenen Moment, nirgends am Horizont Land sehen zu können.

Leider bietet auch der nunmehr etwas geänderte Kurs immer noch keine Möglichkeit, die Segel zu setzen. Der Wind ist fast vollständig eingeschlafen. Langsam schält sich die dänische Küste aus der verschwommen Trennlinie zwischen Meer und Himmel. Der Ausruf „Land in Sicht“ scheint mir angesichts der kurzen Zeit ohne Sichtkontakt zur Küste allerdings unangebracht und ich hebe ihn mir lieber für spätere Törns auf. Die Halbinsel Møn mit ihrer Steilküste steigt nun scheinbar immer schneller aus dem Wasser. Trotzdem zieht sich, wie immer, die Strecke bis zum nun sichtbaren Ziel wie Gummi.

Endlich ist es Zeit, Fender und Vorleinen zu klarieren. Ich bin mir unsicher, wie sich der Liegeplatz in Klintholm gestalten wird. Leider geben Hafenführer dazu wenig Antwort. Sicherheitshalber lege ich auch Festmacher auf die Mittschiffsklampen und krame meinen im Frühjahr georderten Bojenhaken aus der Backskiste. Das Anlegen gestaltet sich dann nicht ganz einfach. Nur am Ende eines Steges finden wir noch Platz, dem allerdings ein zweiter Poller fehlt. So müssen wir einen achterlichen Festmacher über zwei Bootsbreiten legen. Mit nachbarschaftlicher Hilfe liegen wir schließlich sicher fest und geben uns Highfive. Nach knapp 15 Stunden liegen 57 sm in unserem Kielwasser. Das Anlegerbier mit traditionellem Schluck für Herrn R. , der ja heute irgendwie völlig versagte, ist dann der schöne Abschluss eines wunderbaren Tages auf See, trotz langem Motoren.

klintholm track 600x381 - Klintholm heißt unser Ziel

 

 

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