Der Winter ist fast vorbei

Joo, der Winter ist vorbei, aber eben nur fast. Jedenfalls für Lütt Matten. Ich sitze nach einem arbeitsreichen Tag im Cockpit und genieße zufrieden den abendlichen Himmel. Es gab eine Menge zu tun, um Matten demnächst wieder in sein Element zu hieven. Gestern klarierte ich zuerst einmal die Kojen und den Salon. War sinnlos, denn nach einer gewittrigen Nacht schien heute früh die Sonne und nach nur wenigen Stunden war das Chaos wiederhergestellt. Werkzeug, Ersatzteile platzieren sich jetzt bedarfsgerecht in jeder Ecke Mattens. Wenn man ein Teil braucht, muss halt gleich das ganze Schapp leergeräumt werden. Joo. Und es ist dann eben effizienter, gleich alles draußen liegen zu lassen…

Den Antifoulinganstrich habe ich heute gleich mal fremdvergeben. Mit fehlte das passende Werkzeug, sprich Schleifmaschine mit Staubabsaugung. So widmete ich mich der ersten Baustelle namens Ankerkasten. Wie im Winter berichtet, stand Wasser im Vorschiff. Erste Vermutung war ein verstopfter Abfluss im Ankerkasten. Also muss da die Kette raus. Nächste Baustelle öffnet sich sogleich. Die Fernbedienung der Ankerwinsch bedient weder fern noch nah. Und da ich keine Lust hatte, 60  oder 70 m Kette per Hand rauszuziehen, mußte dieses Teil gleich repariert werden. Naheliegend ist der Wechsel der Batterien. Das kennt ja jeder von seinem Heimkino. Aber meine Fernbedienung macht es mir etwas schwer, denn es fehlt das Batteriefach. Also muss wieder das allwissende Internetz gefragt werden. Siehe da, sechs Schrauben seien zu lösen. Dies tun aber nur vier. Zwei lassen sich drehen, wollen aber nicht aus der Versenkung treten. Mittlerweile ist die erste Arbeitsstunde ohne sichtbares Ergebnis verstrichen. Wenn das so weitergeht, hau ich gleich in den Seesack.

Na gut, am Ende hilft die rabiate Tour, aufbohren und so. Die Batterien triefen vor Nässe und reagieren recht sauer auf ihre Entnahme. Jedenfalls brennen meine Finger ätzend.

Nach erfolgreichem Batterietausch ist es dann soweit. Die Winsch ist wieder fernbedient.  Die Kette rasselt in die Tiefe des Werftgeländes und ich darf endlich mit einigen Verrenkungen den Ankerkasten inspirieren. Hm, alles normal. Ich finde im Kasten den lange vermissten Splint der Ankerkastenscharniers. Schönes Wort. Und schon öffnet sich die nächste Baustelle. Wie bekomme ich diesen vermaledeiten Splint aus den Tiefen dieses Kastens? Stunden später weiß ich es. Magnet hilft nicht, denn das Teil meiner Wünsche ist edel, also aus Edelmetall. Die Lösung brachte eine Kombizange, die ich zu einem verlängerten Greifarm umfunktionierte. Ankerkastenscharniersplint, noch schöneres Wort, ist wieder am Platze, doch Mattens Vorschiffinkontinenz noch immer nicht beseitigt. Da sehe ich neben der Ankerwinsch eine umringende Wasserlache. Ah, sollte das die Lösung sein. Und was macht der gewiefte Segler? Nee, Kabelbinder helfen hier nicht, aber Sikaflex, die Wunderwaffe bei allen Undichtigkeiten. Problem ist nur, dass dieses Teufelszeug überall haftet, nur nicht da wo es soll. Irgendwann habe ich die Masse dann doch da platziert, wo sie hin soll. Jetzt hoffe ich, dass ich diese Baustelle abhaken kann. Als nächstes folgt die Montage der neuen Dreifarbenlaterne, die korrekterweise Vierfarbenlaterne genannt werden sollte, denn sie fungiert auch als Ankerlicht. Fröhlich montiere ich die neue stromsparende LED- Funzel bis ich merke, dass der Hersteller mal so eben eine 180- Grad-Wende gefahren ist. Das Hecklicht leuchtet nach vorne. Rot-Grün strahlt nach hinten. Na gut. Die einfachste Lösung wäre, dass ich nunmehr einfach rückwärts segle. Dann wäre alles paletti. Aber wer gibt sich schon mit den einfachen Lösungen ab. Also muss die Bohrmaschine ran. Neue Löcher in die Halterung bohren, Gewinde schneiden (jawohl, das kann ich und das passende Werkzeug ist auch an Bord) und die Leuchte strahlt in die vorgeschriebenen Richtungen grün, rot und weiß. Den Funktionstest hebe ich mir vorsorglich für morgen auf. Will mir ja nicht meine gute Laune verderben. Nächster Punkt ist die Erneuerung der Opferanoden. Diese Dinger verhindern, so sie denn vorhanden sind, die Elektrolyse aller edleren Metalle, wie beispielsweise Mattens Motor oder Getriebe. Bingo. Einfach abschrauben, neue kaufen und wieder anschrauben ist nicht. Die Anode am Propeller des Bugstrahlruders will sich einfach nicht opfern. Schraube gelöst, aber das Teil will einfach nicht ab. Noch zögere ich, die Holzhammermethode anzuwenden. Am Ende ist es eben diese, die zum Ziel führt. Die Anode für den Motor ist ja bisher immer zum Saisonende schon völlig in die Weiten der Ostsee defundiert. Also, denke ich, muss was größeres her. Ist aber nicht. Erst mit Hilfe des hilfsbereiten Werftinhabers wird eine überdimensionale Zinkanode aufgebohrt und sollte jetzt mehr als 6 Monate halten. Allein die Anode am Faltpropeller zeigt sich völlig einsichtig und ist innerhalb von 5 Minuten gewechselt. 

Nach Brathering und Bratkartoffeln zum Abend ist meine letzte Baustelle die völlig korrodierte Aluminium-Halterung des Radars. Bis um Neun quäle ich den Schwingschleifer und werde morgen dieses Werk fortsetzen. Denn nebenan urlauben einige Camper, denen ich gerne einen lautlosen und wunderschönen Sonnenuntergang gönne. Und mir einen passenden Wein dazu. 

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Unwetter am gestrigen Abend
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späte Scholle Nr. 1
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