Herr R. erhält unbeabsichtigt einen Extraschluck. Ein Glücksfall, wie sich in den kommenden Tagen herausstellen wird.
Den Törn zum Winterlager nach Barth habe ich lange hinausgezögert. Im September war es zu früh. Im Oktober zu stürmisch. Langsam gerate ich in Zeitnot. Doch nun sagen alle Wetterberichte für dieses Wochenende fast perfekte Bedingungen voraus.
Nachdem ich kurzfristig pharmazeutisch vortragen mußte, geht es nun bei stahlblauem Himmel gen Norden. Leider fehlt der Sonne ihre wärmespendende Kraft und es bleibt bei den vorhergesagten 11 Grad Celsius. Ich nehme einen Umweg über Barth, dem geplanten Ziel des letzten Törns dieses Jahres. Dort erwarten mich schon Tina und Hannes, die mir ihr Leben in den kommenden zwei Tagen anvertrauen wollen. Hannes ist ja seglerisch völlig unbelastet und somit völlig ahnungslos. Tina zolle ich Respekt für ihr erneutes Anheuern, denn sie durfte unseren sommerlichen Höllenritt vor Warnemünde mit durchleben. Scheinbar hat ihr Grundvertrauen nicht gelitten. Bevor es von Barth aus weitergeht, gönnen wir uns ein erstes Mahl in einem am Hafen befindlichen Fischrestaurant. Durch einen Aufnahmefehler der Kellnerin bleibt mir leider die traditionelle Scholle versagt. Der Dorsch war aber auch nicht übel.
In Warnemünde angekommen, verstauen wir unser Gepäck. Das geht unkompliziert, denn Hannes hatte sich intensiv mit der empfohlenen Packliste eines Seglers beschäftig und brav statt eines Hartschalenkoffers einen knautschbaren Rucksack mitgebracht. Allerdings ergänzte Hannes die Google-Empfehlung eigenmächtig um Mattens GFK-Deck nicht gewachsenen Alkoholika. So löst sich eine Flasche Glühwein noch auf Mattens Vordeck in Scherben auf. Glück im Unglück: Herr R. erhält von uns somit gleich seine Wochendosis und der weit wertvollere Whisky bleibt unversehrt. Mittels Pütz ist Matten schnell gereinigt und wir können zu den wichtigen Dingen kommen. Nein, das Anlegerbier mußte noch warten. Es folgt meine obligatorische Sicherheitseinweisung. Dann schlagen wir noch die Schoten für das Vorsegel an. Das ist etwas schwieriger, denn während der letzten Herbtstürme muß der Hafenmeister wohl die schützende Plane der Genua neu verschnürt haben. Und das tat er sehr gewissenhaft. Bei dieser Aktion hat auch der Reißverschluss gelitten. Wieder eine neue Winterarbeit. Trotzdem bin ich für das rettende Eingreifen des Marineros dankbar.
Nach den Knoten entwirrenden Arbeiten unter Kopflampenlicht gönnen wir uns endlich den ersehnten Ankommenstrunk und planen unseren morgigen Segeltag. 47 sm wollen wir segeln. Die Sonne verläßt uns derzeit schon gegen halb Fünf und der Wind soll mit 2-3 Bft. wehen. Also stellen wir den Wecker so, dass wir gegen 6 Uhr den Hafen verlassen können. Die Crew stimmt dem ohne Murren zu.