Mein Tag beginnt zeitig. Ich brauche eine Werft, die Lütt Matten aus dem Wasser hebt und das möglichst heute und unweit der Marina. Lange Strecken traue ich mir mit dem klemmenden Ruder nicht mehr zu. Zwar gibt es noch die manuelle Steuerung der Windfahne. Aber auf engem Raum habe ich damit bisher noch nicht manövriert.
Gut 200 Meter von der Marina entfernt sehe ich einen großen gelben Kran, der Mattens Gewicht sicher locker heben kann. Ich gehe auf Erkundungstour und werde tatsächlich fündig. Zu dem recht antik wirkenden Kran gehört tatsächlich eine Werft. Deren Manager wirkt zwar gestresst, sagt mir aber für heute einen Krantermin zu. Okay, wir werden uns handelseinig. In einer Stunde solle ich mit Matten unterm Kran liegen. Na, das geht jetzt aber fix.
Der morgendliche Wind legt gerade noch ein kurze Atempause ein und macht damit das Manövrieren einfach. Ich hänge mit einem Ohr am Ruder und zucke zusammen, wenn es wieder dieses laute Quietschen von sich gibt. Jetzt bloß keine großen Ruderausschläge. Und bitte keine völlige Blockade. Den Bugstrahler stelle ich sicherheitshalber auf Standby. Alles geht gut. Langsamkeit war wieder der Schlüssel.
Dann senkt sich schon der Kran über uns. Zu viert legen wir die Traversen unter Mattens Rumpf und schon geht es aus dem Wasser. Mir ist innerlich zum Heulen. Das alles hatte ich nun wirklich nicht auf dem Zettel. Zum Sinnieren bleibt glücklicherweise wenig Zeit. Lütt Matten steht auf dem Bock und wir wollen wenigstens das Ruder aus seinen beiden Lagern ziehen. Das entwickelt sich zu einem stundenlanger Kampf. Das Ruder sitzt so was von fest.
Der Werftmitarbeiter ist kurz vor dem Verzweifeln. Am Ende bekommt er es heraus, allerdings nicht ohne das Ruder auf den Betonboden knallen zu lassen. Die bereitliegenden Polster waren falsch positioniert! Diese Reparatur geht jetzt aber nicht auf meine Rechnung. Ich versuche, entspannt zu bleiben.
Entspannt ist auch die äußere Manschette des Saildrives. Die war ja im Juni in Barth neu eingeklebt worden, was wohl nicht so richtig gefunzt hat. Jedenfalls hängt sie sinnfrei am Saildrive.
Wie geht es nun weiter? Das untere Ruderlager muss definitiv erneuert werden. Warum es seinen Geist aufgeben hat, vermag ich nicht zu sagen. Es gab keine Grundberührung, keine übermäßige Belastung. Reiskörner habe ich übrigens auch nicht gefunden, sondern Kunstoffrollen, die den Ruderschaft total eingequetscht haben. Mühsam mußte jede einzelne aus dem Lager gezogen werden, damit endlich das ganze Ruder wieder frei ist. Es sieht so aus, als hätten sich diese circa vier Zentimeter langen Rollen quergestellt. Dies würde auch das Hoch und Runter des Ruders erklären. Ich kapiere es trotzdem nicht. Der Ruderschaft selbst scheint dagegen unversehrt. Vielleicht sollte ich dem ganzen Schlamassel noch etwas Positives abgewinnen. Auf der Nordsee mit einem defektem Ruder rumzuschippern, wäre sicher nicht so prickelnd gewesen. Dazu ein Autopilot, dessen Motor sich demnächst in Rauch aufgelöst hätte.
Fest steht nunmehr, dass ich Lissabon in 2019 nicht anlaufen werde und komplett neu plane. Bin sowieso gespannt, wie lange die Reparatur dauert und ob das Wechseln des unteren Lagers allein das Problem lösen wird.