Motorkunde und ein Zwillingsboot für Matten

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Die Zeiten, in denen man trotz Hochschulabschluß zumindestens den Vergaser eines Autos reinigen konnte, sind Geschichte. Heute bin ich schon froh, wenigstens die Pole der Batterie zu finden und zu unterscheiden. Alles andere überlassen ich im Notfall dem ADAC oder meiner Kfz-Werkstatt des Vertrauens. Lütt Matten ist ein Segelboot, dessen Motor nur Hilfsmittel sein soll. Und doch erzeugt der Gedanke eines plötzliches Versagen des Flautenschiebers in kritischen Situationen höhere Pulsfrequenzen. Matten läßt sich bei fehlendem Vortrieb des Flautenschiebers halt nicht einfach auf dem Standstreifen abparken. So meldete ich mich vor Monaten für einen Crashkurs in Sachen Schiffsdiesel an. Motoren auf Yachten sind noch verhältnismäßig frei von elektronischem Schnickschnack. So hoffe ich, Mattens Motor nach dem Seminar einigermaßen verstehen und auch warten zu können.

Die Anfahrt nach Mönchengladbach am heutigen Freitag ist nicht nur lang, sondern auch ätzend verstaut. Der Ruhrpott ist mir einfach zu eng und undurchsichtig. Die Staumeldungen im Radio füllen fast die gesamte Sendezeit. A1, A 46 mit 40 Minuten Wartezeit usw. Mein Versuch, den Blechlawinen auszuweichen, scheitert kläglich. Das Navigationsgerät ist einfach zu störrisch. Brav sortiere ich mich wieder in den Mainstream ein und nehme es, wie es kommt. Die Superhits der Radiostationen nerven mit ihre Superlaune. Selbst der öffentlich-rechtliche WDR verbreitet diese Einheitssoße. Im Dunkeln fahre ich durch gesichtslose Städte und bin froh, irgendwann beim vorgebuchten Hotel anzukommen.

Der Samstagmorgen begrüßt mich mit frühlingshaften Temperaturen und einem lebhaften Vogelgezwitscher. Nach einem einsamen und reichhaltigen Frühstück fahre ich zum Seminarort. Der Inhaber von sailing island Markus Seebich begrüßt mich gemeinsam mit 11 anderen Lernwilligen. Das unter Seglern übliche Duzen, dem ich sonst wenig abgewinnen kann, vereinfacht das Anfangen. Eine kurze Vorstellungsrunde folgt. Fast alle Teilnehmer sind Eigner. Auch zwei Frauen wollen sich mit dem Thema Maschine beschäftigen. Gut so. Wie sich bald herausstellt, plant eine der Seminaristinnen mit Ihrer Familie für 2018 eine einjährige Auszeit unter Segeln.

Es folgt eine allgemeine Einführung über Funtionsweise und Aufbau von Dieselmotoren. Markus erklärt uns Kühlwasserkreisläufe, den Weg des Kraftstoffs durch diverse Filter und dessen Entlüftung, den Ölwechsel, die Luftzufuhr, den Anlasser mit Magnetschalter und dessen unzertifizierte Kurzschließung usw.  Immer wieder läßt er kleine Anekdoten seines Segler- und Eignerlebens einfließen und zeigt uns beeindruckende Beispiele desasströser Havarien an Bord, teils verursacht durch fehlende oder falsche Wartung oder durch Verschleiß und mangelnde Herstellerqualität. Ich hoffe, Lütt Matten bewahrt sich noch lange seine jugendliche Unverbrauchtheit.

Am Nachmittag stößt ein Kameramann dazu, der besagte Seglerin auf dem Weg zur Auszeit mit Mann und Kind filmisch begleitet. Die Uhr schreitet voran. Leider bleibt nicht mehr viel Zeit, praktisch an Filtern, Pumpen, Wärmetauscher usw. zu schrauben. Vielleicht  ist es auch nicht möglich, alle Inhalte in einen Seminartag zu packen. Im Wissen, heute noch 680 km fahren zu müssen, streiche ich gegen 17 Uhr vorzeitig (geplantes Ende war 16:30 Uhr) die Segel und verlasse das Seminar mit dem Gefühl, vieles gelernt zu haben. Trotzdem werde ich mir noch etwas literarische Hilfe besorgen müssen. Auch meine Werkzeug- und Ersatzteilkiste wird zu ergänzen sein. Auf der ganz sicheren Seite wäre ich allerdings, wenn ich Lütt Matten ein Zwillingsbeiboot spendieren würde…..

Für Interessenten: www.sailingisland.de in Mönchengladbach, der Tageskurs hat 135 € gekostet

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