Nein, wir segeln keine Extrarunde, sondern mieten uns ein Auto und wollen den windlosen Tag nutzen, die Insel etwas kennenzulernen. Der Autovermieter gibt uns einige Tipps und ich staune mal wieder, wie einfach alles ist, vorausgesetzt die Kreditkarte zeigt Deckung. Wir starten in Richtung Norden und halten in Hasle. Hier wollte ich ursprünglich mit Matten ankommen, weil die Marina hier nicht so künstlich ist. Im Nachhinein war aber die Entscheidung, Rønne anzulaufen, die bessere. Hasle wirkt etwas verschlafen. Wir besuchen zuerst einen Speicher, der den örtlichen Künstlern Raum gibt, ihre Werke zu präsentieren. Interessanter ist der anschließende Besuch einer alten Fischräucherei mit einem kleinen Museum. Der Duft des Fisches macht Appetit, doch der Tag ist noch jung und wir ziehen weiter nordwärts.
Ein direkt an der Küste liegender Granitsteinbruch ist dunser nächster Anlaufpunkt. Zuerst verstehe ich nicht, warum wir diesen Ort auf Empfehlung aufsuchen sollen. Aber am Ende des Weges öffnet sich ein kleines Felsental mit Blick zum Meer. Hier hat sich der Künstler Peter Bonnén 2002 mit einer Brückenkonstruktion aus Stahlplatten verewigt.
Wir folgen weiter der Westküste und erreichen das touristische Highlight Bornholms, die Festung Hammerhus. Nur wenige Menschen folgen heute den Spuren der imposanten Ruinen. Der Blick auf die Küste ist leider etwas dunstig. Schade, dass ich diesen Ort nicht mit gemeinsam mit Uli erkunden kann. Auf dem Rückweg zum Mietauto verliert Laura ihr Telefon. Gut, dass sie es noch auf dem Parkplatz bemerkt. Ein Anruf Gerards an Lauras Nummer erhält tatsächlich ein Antwort. Eine freundliche Dänin hat inzwischen das Smartphone gefunden und war gerade dabei, es im nahegelegenen Restaurant abzugeben. Glück gehabt, Laura. Und es sollte nicht das letzte Mal sein, dass wir kräftig Beistand erfuhren.
Unmittelbar bei Hammerhus liegt Hammerhavn, ein Örtchen mit kleiner Marina, Sandstrand und Fischräucherei. Rad- und Wanderwege durchziehen die nördliche Spitze Bornholm. Wir fahren weiter und folgen jetzt der Ostküste. Die Straße gibt immer wieder einen schönen Ausblick auf das Meer frei. In Allinge finden wir eine ausgezeichnete Fischräucherei, deren Buffet uns zum Verweilen zwingen. All you can eat mit maritimen Leckereien und der Meerblick bilden einen Höhepunkt des Tages.
Über Gudhjem und Svaneke gelangen wir nach Nexø. Wir halten jeweils kurz in den Orten, inspizieren die kleinen Häfen und gönnen uns am Ende einen Kaffee mit Schokoladengebäck, dass wir früher unwissend Negerkuss oder Mohrenkopf genannt hätten. Eine Querstich zurück an die Ostküste führt uns schließlich zu einer kleinen Festung namens Lilleborg und einem Aussichtsturm, der einen schönen Rundblick über die Insel erlaubt. Hier, mitten im Wald kreuz ein Mountainbiker in einer Schußfahrt unseren Weg. Es war eine Sekundensache, und der Wahnsinnige wäre in unser Auto gekracht. Wieder hatten wir alle Glück.
Wir kehren etwas müde zurück zu Lütt Matten. Wir gewannen vielleicht zu viele Eindrücke für einem Tag. Gegen Abend gibt es für Lütt Matten und mich noch eine Premiere. Mangels Platz lade ich ein Segelboot ein, an Mattens Seite zu kommen und so ein Päckchen zu bilden. Alles geht gut. Wie sich herausstellt, ist die Chartercrew aus Breege wenig erfahren. Wir dirigieren noch einige Leinen um und liegen nun gut und sicher miteinander vertaut am Steg. Die neuen Nachbarn sind rücksichtsvoll und klettern leise über das Vorschiff zum Steg.
Laura und Gerard begeben sich nochmals zum Supermarkt, um unsere Proviantkiste aufzufüllen. Ich plane inzwischen den Törn nach Danzig. Ein großes militärisches Übungsgebiet im Süden Bornholm wird unseren Weg eventuell verlängern. Im zweiten Teil des Revierführers für die Ostsee finde ich entsprechende Funkkanäle, um mögliche Übungszeiten der dänischen Marine morgen erfragen zu können.
Ebenso gibt es an der polnischen Küste eine Vielzahl dieser möglichen Sperrgebiete, die ich aber ungefragt rechts liegenlassen will. Das gleiche plane ich für sogenannte Verkehrstrennungsgebiete, auf denen spezielle Vorfahrtsregeln gelten. Schließlich wälze ich den Hafenführer für Danzig und suche mir Funkkanäle für den Empfang von Seewetterberichten heraus. Mehr als 170 sm werden wir zu segeln haben, heißt also, dass wir mindesten einen Tag und eine Nacht auf dem Wasser zu bringen werden. Der Wetterbericht sagt schwache Winde aus West voraus. Die Richtung stimmt, aber die Windstärke läßt die Zeitplanung etwas unsicher erscheinen. Die Törnplanung steht und findet bei den beiden Mitseglern Zustimmung. Morgen sollen gegen 9 Uhr die Leinen losgeworfen werden. Das erzählen wir noch schnell unseren Päckchennachbarn. Ein Absacker mit Spende an Rasmus beendet den langen Tag.