Segel setzen und…

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nicht in See stechen, so wird das heutige Tagesmotto lauten, leider.

Dank einer funktionierenden Heizung und zweier Bettdecken überstehe ich die kühle Nacht ganz gut. Ein hämmernder Kopfschmerz, deren Ursache wohl der wärmende Dieselturbo ist, lassen mich gegen Sechs wach werden. Meine Koje gleicht einer Tropfsteinhöhle. Kondenswasser versperrt mir einen klärenden Wettercheck. Bloß gut, denn als ich mit heißem Kaffee den Tag in der Pflicht begrüßen will, bedeckt eine kleine Schneedecke Mattens Haut. Und ich Depp will heute noch nach Stralsund!

Den Vormittag verbringe ich mit dem Warten auf den gegen 10 Uhr zugesagten Motorservice. So bereite ich das nachmittägliche Segelanschlagen vor und widme mich einem Puzzlespiel. Der Warnemünder Segelmacher hinterließ mir vergangenen Herbst mehrere Teile des Baumrutschers, die der Winterplane weichen mußten. Ich bekomme die Dinge einfach nicht zugeordnet. Die Manuale, die mittlerweile einen großen Karton füllen, bieten mir auch keine Hilfe. Ebenso die Suche im Internetz bleibt erfolglos. Einer Eingebung folgend durchforste ich schließlich meine letztjährigen Fotos von Lütt Matten. Dank exorbitanter Auflösung selbiger digitaler Schnappschüse kann ich mich zum zerlegten Baumrutscher einzoomen und finde nun einen funtionalen Zusammenhang der Einzelteile. Der Zusammenbau ist Dank einer widerständigen Edelstahlfeder noch ein Geduldsspiel, aber am Ende paßt alles. Ich nutze die verbleibende Zeit, um die Ursache der Wasserpfütze in der Bilge zu finden. Die Erfahrung des vergangenen Jahres läßt mich gleich wieder an die Heckdusche denken. Und siehe da, die Brause hat einen feinen Haarriss, aus dem es bei laufender Wasserpumpe leicht und stetig tropft. Also veranlasse ich gleich beim Dealer vor Ort eine Ersatzbeschaffung.

Es ist um halb Zwei, und noch immer ist der Motormensch nicht in Erscheinung getreten. Mit Hilfe eines Marineros schlage ich nun Groß und Genua an. Während sich das Hochziehen des Vorsegels leicht gestaltet, streikt der Fallschlitten im Mast. Am Ende rätseln vier Leute gemeinsam um die Ursache der Arbeitsverweigerung. Irgendwann, ohne den eigentlichen Grund zu kennen, erklärt sich der Schlitten doch noch bereit, gemeinsam mit dem Großsegel, die Mastspitze erklimmen zu wollen. Während dieser Aktion ist auch der Servicetechniker eingetroffen und verkriecht sich in den Motorraum. Das Großsegel ist noch nicht ganz eingerollt, werde ich mit sorgenvollem Gesicht in selbigen gebeten. Der Saildrive (Mattens Getriebe) hat kaum noch Öl und die Wasserpumpe eine Leckage. So dürfe ich keinesfalls losfahren und in fünf Minuten sei das nicht gemacht. Bingo. Wieder eine Baustelle, deren Größe ich noch nicht kenne. Jedenfalls gerät Stralsund für heute außer Sichtweite und ich bin bedient. Ich versuche es irgendwie positiv zu sehen, denn die heutige Strecke wäre hauptsächlich durch sehr enge Fahrwasser gegen Wind verlaufen und nur unter Motor zu bewältigen gewesen. Ein Maschinenausfall hätte unweigerlich ein Stranden im Flachwasser bedeutet. So versuche ich als ausgewiesener Pessimist ausnahmsweise dem Ganzen doch etwas Positives abzugewinnen.

Ich sage also meinen Stralsundtermin ab und beschließe, noch eine Nacht in Barth zu verharren. Ich möchte dem Motormann morgen Vormittag gerne beim Ausbau der Wasserpumpe und Checken des Ölproblems über die Schulter schauen. Ich kann dabei sicher einiges dazulernen und vielleicht großartige Neuinvestitionen verhindern. Weitere Pläne verkneife ich mir.

 

 

 

 

 

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