Nächtliche Paranoia und kein Aal im Korb

IMG 5003 - Nächtliche Paranoia und kein Aal im Korb

Meine Nacht war sehr unruhig, nicht nur des offenen Maschinenproblems wegen, denn ein stetes Plätschern, einem kleinen Wasserfall ähnlich, ließ mich mitten in der Nacht nervös deren Ursache suchen. Hat der Winter doch einen Frostschaden hinterlassen? Ich prüfe die Bilge, den Motorraum und sämtliche Ventile. Alles ist, wie es sein soll. Also ziehe ich meine Sachen an und versuche vom Steg aus, das beängstigende Geräusch zu orten. Am gegenüberliegenden Steg werde ich endlich fündig. Die dortige Wassersäule hat den Frost der vergangenen Nacht nicht vertragen und ist nun inkontinent. Scheinbar wird die nächtliche Wasserhahnkakophonie durch das Hafenwasser gut übertragen und findet in Mattens Rumpf einen guten Resonanzboden. Der drohender Mayday-Ruf hat sich erledigt, mein  Tiefschlaf leider auch.

Ein starker Kaffee hilft mir gegen 7 Uhr auf die Beine. Bekanntermaßen haben Handwerker die inhumane Angewohnheit, ihre Arbeit mit dem ersten Hahnenschrei zu beginnen und ich will zumindestens ohne morgentliche Schlaffalten im Gesicht am Niedergang bereitstehen.

Aber in Barth scheint es keine Schreihähne zu geben. Die allgegenwärtigen Möven taugen nur zu einem Dauerweckkreischen ohne Zeitbezug. Hier tickt die Handwerkeruhr zivil und ich fülle meinen Kaffeepott in Ruhe mehrmals auf, kann das Seewetter checken und die Karten für den Törn nach Warnemünde vorbereiten. Der Wind tendiert noch gegen Null und der Wasserstand ist leicht erhöht. Also paßt alles für die Passage des teilweise recht flachen Boddengewässers. Erst gegen halb Neun (das macht mir die Firma schon mal sympathisch), tauchen zwei Techniker auf und widmen sich dem Flautenschieber.

Das Motoröl ist schwarz und bleibt ohne Befund (o.B.). Regulärer Wechsel. Der Wärmetauscher wird geöffnet und hat nur wenig Neigung zum Aterienverschluß, o.B. Der Impeller zeigt an einem seiner Gummilippen deutliche Rißspuren, hat aber noch keinen Materialschwund. Ein Austausch im Rahmen der Inspektion war sowieso fällig. Dem Alter entsprechend also o.B. Kraftstoffvor- und Feinfilter sind überdurchschnittlich sauber. Hurra, die grasierende Dieselpest sollte somit Matten bisher nicht ereilt haben. Trotzdem werde ich in Zukunft prophylaktisch einen chemischen Zusatz (Crotamar liegt schon bereit) in den Tank kippen. Der Wasserfilter ist leicht verkrautet. Aber einen Aal, wie ihn einer der Techniker andernboots schon gefunden haben will, hat sich in dem Filterkorb nicht nachweisen lassen. O.B. Der Wasserpumpendeckel zeigt deutliche Riefen, die aber noch abschleifbar sind. Die ganze Pumpe wird nun ausgebaut und soll extern geprüft werden. Welle und defekte Simmerringe stehen in Verdacht, Ursache der Leckage zu sein. Befund folgt. Letztlich wird das verbliebene Öl des Saildrives geprüft. Puh, keine Emulsionsbildung, also kein gezogenes Wasser. Aber, es fehlen 1 1/2 Liter Öl. Wo sind die hin? Oder waren die jemals da?  Ich weiß nun, dass ich da jetzt öfters den Stab ziehen muss bzw. dies schon immer hätte tun müssen. Wir ziehen das Restöl soweit es geht ab und füllen das Getriebe mit Neuöl auf den Sollstand. Normalerweise wird der Ölwechsel des Saildrives auf trockenem Kiel erledigt. Und überhaupt, ein Motorservice im Herbst wäre viel besser. Okay, wieder etwas gelernt. Und die Manschette des Saildrives sei auch alle sechs Jahre zu wechseln, sonst erlischt jeglicher Versicherungsschutz beim Absaufen. Das wollte ich jetzt nicht hören, kostet dieser Wechsel wohl auch nicht wenig, da der ganze Motor vom Sockel gehoben werden muss. Na gut, merke ich mir und suche schon mal den Sparstrumpf. Vorerst beobachte ich die Ölstandsentwicklung intensiv und hoffe auf zuverlässigen Verbleib im Getriebe. Aber die Wasserpumpe wird frühestens Montag fertig! Teile müssen bestellt werden und brauchen ihre Zeit. Das war es mit dem heutigen Saisonstart. Meine pessimistische Vorahnung im gestrigen Kurzvideo war begründet. Toll.

Der Wind bläst heute sowieso nur schwach und aus der falschen Richtung. Und kalt und regnerisch ist es auch. Und ich kann mich noch heute wieder ganz meinen Eltern widmen. Und am Sonntag wartet ein Geburtstagsenkelkind auf mich. Alles mehr als nur ein Trost, oder?

 

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