Mit Ü50 liegen naturgemäß die letzten Prüfungen schon eine Weile zurück. Die Vielzahl der notwendigen oder auch freiwilligen Scheine gleicht zumindestens in ihrer Summe einem kleinen Staatsexamen. Die Funkausbildung (UBI und SRC) ist mit einem einigermaßen präsenten Schulenglisch keine Hürde und wäre auch ohne Theorielehrgang sicher machbar. Empfehlenswert ist eine CD-Version, mit deren Hilfe die Bedienung der Funke und das Absetzen von DSC-Rufen und Funksprüchen leicht einzuüben ist. Der Pyroschein (Sachkundenachweis) erforderte nur einen Vormittag konzentriertes Lernen, ist also leicht machbar.
Die SKS-Prüfungen in Theorie und Praxis sind da schon eine andere Hausnummer. Die Praxisausbildung war hilfreich und für unseren Lehrer sicher manchmal frustig. Ich hatte mich für einen Kurs noch im kalten Spätwinter eingetragen. Und das sollte sich als Glücksfall erweisen, denn mit mir nahm nur noch eine Frau aus Tübingen teil. So hatte ich eine wirklich intensive Trainingswoche, die einem individuellen Skippertraining sehr nahe kam, bedeutete aber auch, dass mitgenommene Bücher ungelesen im Seesack verblieben. Entweder stand ich am Ruder oder hampelte permanent zwischen den Winschen hin und her. Ein weiterer Glücksfall war, dass wir zwei Eleven unsere notwendigen 300 Seemeilen schon nachweisen konnten und damit der Zwang, innerhalb der Kurswoche die Meilen abzusegeln, entfiel. War auch gut so, denn die heftigen und kalten Winde auf der freien See wären sicher nicht lustig gewesen. Die blauen Flecke, die ich mir in den geschützten Boddengewässern geholt hatte, waren schon ausreichend. So wurden in den Tagen ausgiebig Hafenmanöver, Halsen, Wenden, Q-Wende und Mann- über -Bord-Manöver geübt, die übrigens jetzt korrekt Person-über-Bord heißen. So wurde aus dem englischen MOB ein POB. Damit waren wir also ständig am“POB“en unter Maschine und Segel. Also, ich würde auch mit einem MOB-Manöver eine Frau aus dem Wasser holen, wie schon viele Jahrzehnte gängige Praxis. Aber vielleicht sehen das genda-korrekte BeamtInnen anders.
Die Praxis-Prüfung selbst war völlig abartig. Während der Prüfung bekamen sich der Prüfer, ich nenne ihn mal Herr W., und unser wirklich erfahre Skipper in die Wolle, wer denn nun das Sagen auf dem Boot hätte. Herr W. meinte, unbedingt zeigen zu müssen, wo der Hammer hängt. Ergebnis der lautstarken Auseinandersetzung der zwei Streithähne war: meine Mitschülerin, die sowieso etwas unsicher und angespannt war, verlor die Übersicht und fuhr eine Fast-Patenthalse. Prüfungsabruch und Ende. Anschließen zog ich dann meine Manöver durch. MOB unter Maschine gelang mir Gott sei Dank im zweiten Anlauf, unter Segeln klappte es gleich. Danach zitierte mich Herr W. zu sich. Ich ahnte schon Böses, da ja noch drei weitere Prüfungsteile offen waren. Doch Herr W. schien möglichst schnell von Bord gehen zu wollen, gratulierte mir zur bestandenen Prüfung und gab Befehl zur Rückkehr in den Hafen. So richtig freuen konnte ich mich nicht, denn mir tat meine Segelkameradin wirklich leid. Geteilte Freude ist keine Freude. Muss man sich so etwas als gestandener Mann bzw. gestandene Frau eigentlich antun? Gib dem Deutschen ein kleines Pöstchen und er wird zum Schwein.
Die SKS-Theorie-Prüfung eine Woche später ging glatt über die Bühne. Die vielen Wochen des Auswendigpaukens und Kartentrainings machten sich bezahlt. So war der gebuchte Theorielehrgang selbst für mich völlig sinnlos und habe eigentich nur sporadisch an der Sitzungswoche teilgenommen. Wer gut auswendig lernen kann und insbesondere die Navigationsaufgaben fleißig übt, sollte sich die Kursgebühren sparen.
So, wie wir schon als Studenten unseren Prüfungsstoff als wenig praxisrelevant empfunden haben, so war es denn auch mit der SKS-Theorie. Kartenaufgaben selbst sind völlig o.k., aber wozu ich Titel von Broschüren einzelner Behörden oder Definitionen auswendig pauken muss, erschließt sich mir nicht. Mit gutem Willen kann man darin eine Art von IQ-Test sehen. Ich fände einen 2wöchigen Praxistörn in kleinen Gruppen wirklich hilfreicher.
Nachlese: Angefügt sei, wie mein erster SKS-Prüfer schon 2004 sagte: Segeln soll Spaß machen. Meine Mitschülerin aus Tübingen hat inzwischen an den DSV-Prüfungsausschuss geschrieben und Protest eingelegt. Gut gemacht.