Mattens Skipper in akuter Sehnot

Bruch scheint es bei mir immer zu geben. So gerate ich heute mal selbst in “ Sehnot“.
Der Wecker sollte um 6:30 Uhr bimmeln, doch schon um Fünf weckt mich das Plätschern an Mattens Heck. Ein sicheres Zeichen, daß wir mal keinen Westwind haben. Kaffeemaschineaktivieren und einen neuen Wetterberichtziehen gehen fix. Und schon gegen 6 Uhr mache ich die Leinen los. Der achterliche Wind macht das Solo-Ausparken einfach, trotz 15 Knoten Wind. Noch im Hafenbecken spüre ich, dass ich das Drehzahlproblem vorerst zu den Akten legen kann. Der Flautenschieber kommt unter Last wieder gut auf Touren. Mir fällt ein Stein vom Herzen.

Vor Hohe Düne legt der Wind etwas zu. Die Wellenhöhen sind aber moderat. Trotzdem erledige ich das Fendergedöns und Leinenverstauen brav angeleint am Strecktau. Noch immer bin ich etwas nervös und hampel zwischen Pflicht und Salon hin und her. Alleine unterwegs zu sein, ist für mich immer noch eine Herausforderung. Keine helfende Hand, falls etwas schief läuft. Ruder und Schoten muss ich irgendwie gleichzeitig händeln. Einhand ist doch eine andere Nummer. Gut, dass ich mit beiden Segeln gleich ins Reff gegangen bin, denn der Wind hat deutlich aufgefrischt. Die Krängung hält sich so in Grenzen und wir machen trotzdem genug Geschwindigkeit. So mag ich das und muß mir keinen Kopf um eventuelle Windböen machen. Ich halte mich weiter parallel zum Seekanal. Langsam komme ich zur Ruhe und überdenke nochmal die weitere Törnplanung. Heute Abend Regen und Gewitter. Okay, bis dahin sollte ich in Gedser sein. Doch in den kommenden Tagen wird es entweder weiter regnen oder der Wind schwächelt in unsegelbarer Stärke. Würde bedeuten, eventuell bis Samstag festzuhängen. Also überlege ich neu und werde heute einfach nur ziellos segeln. Auch gut. Wenden fahren und weiter Erfahrung sammeln. Mit dem Autopiloten und sicherem Tuch klappen die Manöver gut, auch bei 4 bis 5 Bft. Nur die Genua läßt sich mal wieder nicht vernünftig einrollen. Das Problem werde ich wohl nie los. Aber vorerst ist das kein Problem. Ich schlage einige Haken und freue mich, wenn mein Rumzuppeln an den Leinen zu etwas mehr Geschwindigkeit führt. Noch ist das Feintuning der Segel für mich mehr ein Experimentieren als tatsächliches Wissen.

Tja, und dann gerate ich bei einem Wendemanöver tatsächlich in Sehnot, denn, warum auch immer, meine Brille liegt auf der Backbord-Sitzbank und ich trete mal so eben drauf. Gläser sind okay, aber das Gestell hat gelitten. Prima. Hoffentlich kann das der Optiker meines Vertrauens richten.
Nach knapp vier Stunden sehe ich die ersten dunklen Wolkenfelder heranwehen. Nichts bedrohliches, aber die letzte Sturmfahrt läßt mich vorsichtig sein, zumal meine Funkassistentin Uli nicht an Bord ist. Also lege ich das Ruder, hole das Groß rein und turne angeleint aufs Vorschiff, um die nur zu zwei Dritteln einrollbare Genua zu klarieren. Dabei muß ich aufpassen, von dem flatternden Tuch nicht abgewatscht zu werden. Doch alles geht gut. Fender und Leinen sind vorbereitet, während der Autopilot brav zur Marina steuert. Das Anlegen ist eine einzige Enttäuschung – zumindestens für die Hafenkinobesucher. Das Popcorn bleibt in der Tüte. Besser geht es nicht. Durch die markierten Achterleinen kann ich passgenau eindampfen und ernte bei dem Herrn, der mir freundlicherweise die Vorleinen annehmen will, Anerkennung. Das läuft runter wie Öl.

Nach dem Klarieren fällt das Anlegebier aus, denn der Tag ist dafür noch nicht alt genug. Stattdessen zieht es mich kurzfristig in die Koje. Die gestrigen 450 km auf dem Motorrad und das heutige zeitige Aufstehen fordern ihr Recht.

Den späteren Nachmittag widme ich den geplanten Erklärbärvideos 3 und 4. Mir macht das viel Spaß. Sicher ist das noch recht laienhaft gedreht und man macht sich dabei vielleicht zum Obst. Aber ich möchte gerne auch die „simplen“ Dinge des Bordlebens erklären. Deshalb wird es im Erklärbärvideo Nummer 5 auch mal um die Handhabung des Bord-WC gehen. Wer will schon gerne während seiner Sitzung um Hilfe rufen, oder?

Trotz akuter Sehnot und bockender Furlex, ein schöner Tag mit wiedererlangtem Vortrieb und neuen Erfahrungen.

Ahoi

 

 

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